Seitenbandriss

1. Was ist ein Seitenbandriss?

Die Seitenbänder im Knie bestehen aus dem medialen Innen- und dem lateralen Außenband. Beide dienen als zusätzliche Gelenksstabilisatoren, unterscheiden sich aber in ihrem Aufbau und der jeweiligen Funktionaliät. Das Innenband ist ein flächiges Band bestehend aus einem oberflächlichen und tiefen Blatt und verläuft vom inneren Oberschenkelkondylus nach unten hin zum Schienbein. Die mittleren Strukturen des Innenbandes sind zudem mit dem Innenmeniskus und der Gelenkkapsel verbunden, wobei das hintere Schrägband als ein separater hinterer Anteil des Innenbandes zählt. Dadurch dient das Innenband als wichtiger Stabilisator, der gegen Krafteinwirkungen von Außen (Valgusstress) und übermäßige Außenrotationsbewegungen wirkt. Das Außenband verläuft an der Außenseite des Kniegelenks vom Oberschenkelknochen zum Wadenbeinköpfchen und setzt dort in einer komplexen Ansatzzone u.a. zusammen mit der Sehne des hinteren Oberschenkelmuskels an. Im Gegensatz zum Innenband wirkt das Außenband gegen Belastungen auf die Knie-Innenseite und verhindert somit ein Abknicken des Kniegelenks nach Außen. Im Allgemeinem kommt es sowohl beim Innen-, als auch beim Außenband bei übermäßiger Belastung zu teilweisen oder vollständigen Rissen. Ein ( An-)Riss des Innenbandes ist häufig verbunden mit einem Einriss des Innenmeniskus und/oder einer Kapselverletzung bzw. einer Kombination mit einem vorderen Kreuzbandriss („Unhappy Triad“). Außenbandverletzungen sind eventuell verbunden mit anderen Bandschäden, Meniskusverletzungen oder Kapseleinrissen.  Risse an einem der beiden Seitenbänder werden klassicherweise 3-gradig – je nach Ausmaß der Verletzung – eingeteilt. Grad 1 beinhaltet hierbei Schmerzen im Bandverlauf, jedoch keine Instabilität und keine bzw. minimale Aufklappbarkeit des Kniegelenks bei einer Stresstestung. Bei Grad 2 ist bereits eine erweiterte Aufklappbarkeit (5 – 10mm) bei einer Stresstestung in 30° Knieflexion gegeben, welche sich bei Grad 3 auf > 10mm ausweitet.  

2. Wie entsteht ein Seitenbandriss?

Aufgrund der unterschiedlichen Funktionalitäten beider Seitenbänder muss auch hinsichtlich der Entstehungsursache von Verletzungen grundsätzlich unterschieden werden. So kann das Innenband sowohl durch direkte Gewalteinwirkung in Form eines Schlages oder einer Prellung, als auch durch indirekte Krafteinwirkung auf die Außenseite des Kniegelenks geschädigt werden. Des Weiteren kommt es zu Innenbandrupturen durch übermäßige Außenrotations-Scherkraftbewegungen (z.B. beim Skifahren) gehäuft mit Begleitverletzungen wie dem Riss des vorderen Kreuzbandes. 

Simultan zum Innenband besteht auch beim Außenband erhöhte Verletzungsgefahr bei direkten oder indirekten Gewalteinwirkungen, hierbei direkt auf das Außbenband oder indirekt über eine Überbelastung auf die Innenseite des Kniegelenks, was wiederrum zum Abknicken des Kniegelenks nach Außen führt. Außbenbandverletzungen treten häufig in Verbindung mit Rissen von vorderem und/oder hinterem Kreuzband auf. Rotationstraumata bei beiden Seitenbändern werden u.a. auch durch eine mangelnde muskuläre Stabilität begünstigt, welche in jedem Fall präventiv ausgebaut werden kann. 

3. Wie äußert sich ein Seitenbandriss?

Die Merkmale einer Seitenbandverletzungen sind sowohl für das Innen-, als auch das Außenband auf die jeweiligen Seite vergleichbar. So tritt im Normalfall ein subjektives Schmerzempfinden beim Unfall selbst ein, welches sich auch durch Druckschmerz im jeweiligen Rissbereich zeigt. Eine alleinige Schmerzhaftigkeit ohne vermehrte Aufklappbarkeit im Seitenvergleich spricht hierbei für einen Teilriss des Seitenbandes, wohingegen sich bei fortgeschritteneren Rupturen ein ausgeprägtes Instabilitätsgefühl einstellt. Dieses zeigt sich wiederum in Form einer erhöhten Aufklappbarkeit des inneren und/oder äußeren Gelenkspalts bei leicht gestrecktem Bein. Des Weiteren können schmerzhafte Bewegungseinschränkungen – vor allem in der Streckung – gegeben sein und zudem eine Schwellung einsetzen.

4. Wie wird ein Seitenbandriss behandelt?

Die Behandlung von Seitenbandrissen kann in den meisten Fällen rein therapeutisch, ohne operativen Eingriff gelöst werden. So kommt es grundsätzlich nur bei chronischen Instabilitäten und Grad-3-Verletzungen des Außenbandes bzw. Kombinationsverletzungen zu einer OP. Hinsichtlich der konservativen Behandlung von Seitenbandrupturen sollte wieder zwischen solchen von  Innen- und Außenbandverletzungen unterschieden werden. Hierbei haben besonders 1- bis 2-gradige Innenbandverletzungen gutes Heilungspotential – auch, wenn nicht selten zunächst durch eine Knieorthese mit Streckungslimitierung in den ersten (2 bis 6) Wochen behandelt wird. Durch eine frühfunktionelle Mobilisation und aktive Stabilisierung des Kniegelenks in Form eines propriozeptiven Trainings sollte eine gute Grundlage geschaffen werden. Diese kann durch eine weiterführende Kräftigung der kniegelenksumgebenden Muskulatur (besonders der vorderen und hinteren Oberschenkelmuskulatur) weiter ausgebaut werden. 

Die konservative Behandlung von Außenbandverletzungen kann durchaus 3 bis 4 Monate in Anspruch nehmen und nicht selten sind bleibende Restinstabilitäten gegeben. Trotzdem kann durch ein gezieltes Muskelaufbautraining der vorderen und hinteren Oberschenkelmuskulatur ein nachhaltiger Schutz des Außenbandes erreicht werden. Zudem wirken – auch für auszuheilende Innenbandverletzungen – entspannungsfördernde Techniken wie regelmäßige Dehnphasen einer verkürzten Muskulatur entgegen. Durch Funktionsmassagen kann dieser Effekt zusätzlich gesteigert und mit Hilfe weiterer, alternativer Methoden wie der Elektrotherapie positiv beinflusst werden. Hierbei bestimmt in erster Linie das subjektive Empfinden des Betroffenen, welche Therapieform oder -Ergänzung am jeweils wirksamsten ist.

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